Climate Quitting: Unternehmen ohne ernsthafte Klimastrategie droht der Verlust junger Talente
Immer mehr Menschen haben hohe Ansprüche an ihren Arbeitgeber, wenn es um Klima- und Umweltschutz geht. Werden diese Ansprüche nicht erfüllt, wechseln insbesondere junge, hoch qualifizierte Mitarbeiter*innen häufig den Job.
Immer mehr Menschen versuchen Klima- und Umweltbewusst zu leben und richten ihren Lebensstil danach aus. War bisher hauptsächlich die Reduktion des eigenen „ökologischen Fußabdrucks“, beispielsweise durch vegane Ernährung oder umweltfreundliche Mobilität im Fokus, weitet sich das Bewusstsein nun auf den eigenen Arbeitsplatz aus: Eine wachsende Personengruppe möchte nicht mehr Teil des Problems sein und will ihre Arbeitskraft nicht mehr Firmen zur Verfügung stellen, die klima- und umweltschädlich handeln.
Climate Quitting
Die Fakten sind eindeutig: Unternehmerische Verantwortung im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit ist einer der zentralen Aspekte bei der Wahl des Arbeitgebers. Laut einer Umfrage an 5.700 Personen in den USA und UK durch KPMG (2022) achten 30% bei der Jobsuche auf Nachhaltigkeitszertifizierungen der Unternehmen, bei denen sie sich bewerben – bei den 20 bis 24-jährigen sind das sogar 45%. Rund zwei Drittel (64%) der befragten Büroangestellten weigern sich aus ethischen Gründen, in bestimmten Branchen zu arbeiten, die Hälfte davon würde aber ihre Meinung ändern, wenn sich die Unternehmen in diesen Branchen überzeugend und klar zur Nachhaltigkeit bekennen.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der von Paul Polman, dem ehemaligen CEO von Unilever in Auftrag gegebene „2023 Net Positive Employee Barometer“, in dem 4.000 Personen in den USA und UK befragt wurden. Mehr als zwei Drittel der Befragten möchten in einer Firma arbeiten, die einen positiven Einfluss auf die Welt hat und drei Viertel fordern, dass Firmen soziale und ökologische Verantwortung übernehmen. Viele sehen, dass ihre Arbeitgeber versuchen, „weniger schädlich“ zu agieren, sind aber der Meinung, dass das nicht genug ist.
Insbesondere jüngere Mitarbeiter*innen lassen sich dabei nicht mit leeren Versprechen abspeisen: Laut einer Studie an 22.000 Personen zwischen 20 und Anfang 40 (Generation Z und Millenials) von Deloitte (2023) ist Klimaschutz eines der Hauptanliegen dieser jüngeren Zielgruppe. Rund die Hälfte versucht, Druck für mehr Nachhaltigkeit auf ihre Arbeitgeber auszuüben, fühlt sich dabei aber oft machtlos und überfordert. Mehr als 40% haben bereits einen Arbeitsplatz aufgrund zu geringen Einsatzes für Klimaschutz verlassen oder planen, das in näherer Zukunft zu tun.
Insbesondere in umstrittenen Branchen, wo sich hoch qualifizierte Menschen ihre Arbeitgeber aussuchen können, wird das Phänomen des „Climate Quitting“ zu einer echten Bedrohung für Unternehmen, die (noch) zu wenig Wert auf Klima- und Umweltthemen legen.
Implikationen für Unternehmen
Der 2023 Net Positive Employee Barometer kommt zu dem Schluss, dass viele Firmen derzeit das Problem des Climate Quitting „verschlafen“. Um dem entgegen zu wirken, müssten sie sich stärker für Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit einsetzen, Mitarbeiter*innen mehr Recht auf Mitsprache im Bereich sozialer Verantwortung einräumen und insgesamt mehr über Nachhaltigkeit sprechen.
Paul Polman bringt es wie folgt auf den Punkt: Für Mitarbeiter*innen – die wichtigste Ressource eines jeden Unternehmens – sind Werte und die gesellschaftlichen Auswirkungen ihres Handelns wichtiger als viele Manager*innen denken. Das gilt insbesondere für jüngere Menschen, für die soziale und ökologische Nachhaltigkeit die zentralen Werte sind. Um junge Talente für das Unternehmen zu gewinnen, sollten Manager*innen sich überlegen, wie sie ernsthaft nachhaltiger agieren können.
Links zu den Studien:
2023 Net Positive Employee Barometer: https://www.paulpolman.com/wp-content/uploads/2023/02/MC_Paul-Polman_Net-Positive-Employee-Barometer_Final_web.pdf
Deloitte (2023): https://www.deloitte.com/global/en/issues/work/content/genzmillennialsurvey.html
KPMG (2022): https://kpmg.com/uk/en/home/media/press-releases/2023/01/climate-quitting-younger-workers-voting-esg.html